Die Festool Entwickler Matthias Kübeler und Andreas Sdrzallek

TechTalk: Eine Säge fürs Leben

Vom Prototypen bis zum Seriengerät: Die Schöpfer der neuen CSC SYS 50 gewähren in diesem Interview exklusive Einblicke hinter die Kulissen.

Kein Zweifel: Die neue CSC SYS 50 ist eine Säge fürs Leben. Aber nicht nur als Werkzeug ist die CSC eine äußerst langlebige Anschaffung. Auch für unseren Mitarbeiter Dominic Ender, der zu Beginn der Entwicklungsphase noch Diplomand bei Festool war, ist die Konstruktion einer mobilen Tischkreissäge ein Lebenswerk, auf dessen Entstehung er – zusammen mit Produktmanager Wolfgang Reines – mit Stolz zurückblickt.
Zwei smarte Köpfe

Dominic Ender (im Bild links) und Wolfgang Reines (im Bild rechts) waren maßgeblich an der Entwicklung der mobilen Tischkreissäge CSC SYS 50 beteiligt. Im Interview stehen sie uns Rede und Antwort und blicken gemeinsam auf eine spannende Entwicklungsphase zurück.

Wie entstand die Idee, eine mobile und kompakte Tischkreissäge zu bauen?

Dominic Ender: Ich war auf der Suche nach einem Kooperationspartner für die Erarbeitung meiner Diplomarbeit als Produktdesigner. Festool war mir als gelerntem Schreiner natürlich schon seit langem ein Begriff und so beschloss ich, Kontakt aufzunehmen. Im ersten Gespräch stellte ich drei konkrete Ideen meinerseits vor und fragte direkt, ob es momentan seitens Festool Themen gibt, die für eine Diplomarbeit infrage kämen. Die Tischkreissäge war ein Thema, das im Fokus stand. So nahm alles seinen Anfang.

Wolfgang Reines: Für Festool gibt es verschiedene Wege, Ideen zu generieren und weiterzutreiben. Bei der Systainersäge kam die grundsätzliche Idee von einem unserer Testkunden. Die Idee, einfach eine Handkreissäge in einen Systainer zu bauen, um damit beispielsweise Passleisten auf der Baustelle zusägen zu können, können wir so natürlich nicht eins zu eins übernehmen und umsetzen. Wir müssen die geltenden Normen bei der Umsetzung berücksichtigen. Wir nutzen daher gerne Abschlussarbeiten, die so eine Idee unbedarft untersuchen und greifbar machen, die ohne „Festool Brille“ auf eine Idee schauen und ihren eigenen Ideen freien Lauf lassen. So haben wir auch Dominic für diese Idee gewinnen können, der die Chance ergriffen hat.

War das Konzept von Anfang an als Akkuprodukt geplant?

DE: Die Eckpunkte meines Konzepts habe ich in der Entwurfsphase immer wieder bei Befragungen mit Handwerker:innen abgeglichen, seinerzeit – also 2014/15 – habe ich immer wieder das Feedback bekommen, „eine akkubetriebene Maschine wäre nett“, aber eine Netzmaschine würde bevorzugt. So war das ursprüngliche Konzept tatsächlich kabelgebunden. Erst im Laufe der Entwicklung hat sich die Präferenz der Kunden in Richtung Akku verschoben. So haben wir das Produkt immer wieder an die Bedürfnisse unserer Kunden angepasst.

Wie lange hat es gedauert von der ersten Idee bis zu den ersten Prototypen?

DE: Innerhalb meiner Diplomarbeit – sie dauerte sechs Monate – habe ich ein detailliertes Konzept entwickelt und ein Designmodell gebaut, welches aussah wie ein Produkt, bewegliche Teile hatte, um die Bedienbarkeit zu simulieren und zu testen, aber nicht sägen konnte. Mit diesem Modell konnten wir dann Handwerker:innen in vielen Ländern besuchen und das Gesamtkonzept auf seine Markttauglichkeit und seine Akzeptanz hin befragen.

WR: Von der ersten Idee bis zur Markteinführung vergehen viele Jahre. Natürlich wurde in dieser Zeit nicht ununterbrochen konstruiert. Nach der ersten Phase der Diplomarbeit, die ein halbes Jahr ging, war erst einmal Pause. Diese wurde genutzt, um die ganzen Rahmenbedingungen für das Produkt niederzuschreiben und uns auf einen offiziellen Projektstart vorzubereiten. Am Ende entscheidet eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, ob ein Projekt gestartet wird oder nicht. Nach der Projektfreigabe wird ein Team aus verschiedenen Fachbereichen gegründet, wie zum Beispiel Konstruktion, Qualitätssicherung, Werk für die Montageplanung, Einkauf und viele mehr … Erst dann startet so ein Projekt voll durch. Diese Entwicklungsphase dauert bei uns so drei bis vier Jahre, je nach Projektaufwand.

Dominic, hast du einen handwerklichen Hintergrund?

DE: Ich habe eine Ausbildung zum Schreiner/Tischler absolviert. Handwerkliche Tätigkeiten gehören seit meiner frühen Jugend zu meinem täglichen Tun.

Wie wurde der Bedarf an solch einer Säge erkannt?

DE: Das Bedürfnis nach einer kompakten, leichten und präzisen Tischkreissäge gibt es schon lange. Der Markt für mobile Tischkreissägen für die Baustelle ist riesig! Auch Festool hatte bereits Produkte hierzu im Portfolio. Der Ansatz der CSC SYS 50 ist allerdings radikal anders und innovativ – diese Maschine schafft es, eine Vielzahl an Lösungen bereitzustellen, und das mit höchster Präzision auf kleinstem Bauraum.

WR: Die Anforderungen haben sich vor allem im Innenausbau verändert. Ich habe vor über 30 Jahren noch sehr viel Holzdecken mit meiner Unterflur-Zugsäge eingebaut. Der Holzdecken-Markt ist in den letzten Jahren komplett verschwunden. Heute baut man viele Fertigteile ein und benötigt daher eine Säge nur noch, um Anpassarbeiten durchzuführen. Hier will man keine schwere Tischkreissäge mitschleppen und man macht diese Arbeiten dann im Notfall mit der Stichsäge oder einer Handkreissäge. Das wollten wir ändern und haben schon früh den Bedarf an einer kompakten und exakten Baustellen-Tischkreissäge erkannt.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Prototypen und dem finalen Produkt?

DE: Das von mir entwickelte Konzept basierte ursprünglich auf dem Bauraum eines Systainers der Größe 3. In diesen kompakten Maßen konnte ich alle Anforderungen, wenn auch teils mit Kompromissen, unterbringen. Während der Entwicklung der Säge wurden das Konzept und die Anforderung an die Schnitthöhe nochmals korrigiert und die Säge findet heute, liegend, ihren Bauraum in der Systainergröße 5 – der größere Bauraum wurde vor allem zugunsten eines größeren Sägeblattes gewählt.

"Der Ansatz der CSC SYS 50 ist radikal anders und innovativ – diese Maschine schafft es, eine Vielzahl an Lösungen bereitzustellen, und das mit höchster Präzision auf kleinstem Bauraum."

Dominic Ender, Produkt- und Innovationsmanager bei Festool 

Bei der CSC SYS 50 passiert ganz viel auf kleinstem Raum – was waren bei der Konstruktion die größten Herausforderungen?

WR: Du meinst bestimmt den Unterschied zwischen dem Modell der Diplomarbeit und dem finalen Produkt. Zum Modell hat sich einiges verändert und dann auch wieder nichts. Denn das Konzept, eine Säge in einen Systainer zu bauen, hat sich nicht verändert. Ansonsten mussten wir sehr vieles umdenken und auf die Anforderungen hin anpassen. Eine große Herausforderung war tatsächlich der begrenzte Platz. Schrittmotoren für die elektrische Verstellung mussten auf engstem Bauraum untergebracht werden. So etwas war im Modell nicht vorhanden, nur angedacht. Auch ein Schiebeschlitten war im Modell vorgesehen, jedoch war es eine große Herausforderung, diesen im Gewicht leicht, dreidimensional einstellbar und dennoch exakt herstellen zu können. Auch ein Display ist schnell gezeichnet, jedoch keinesfalls vollumfänglich gestaltet. Das war für uns eine ziemlich große Lernkurve. Es gab viele Herausforderungen, aber diese alle an dieser Stelle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.

Gab es Referenz- oder vergleichbare Produkte auf dem Markt? Was hebt die CSC SYS 50 von Mitbewerberprodukten ab?

DE: Tatsächlich gab und gibt es aktuell nichts Vergleichbares auf dem Markt. Eine mobile Tischkreissäge mit elektrischer Verstellung, einem Schiebetisch von solcher Präzision und einem Bedienkonzept, welches absolute Wiederholgenauigkeit bietet, ist einzigartig. Gepaart mit dem Komfort, über die Work App eigene Favoriten zu erstellen und zu speichern, ist die Gattung „Mobile Tischkreissägen“ nun in der Gegenwart angekommen.

Wie habt ihr die Kunden in die Entwicklung eingebunden?

DE: Bereits in der Frühphase meiner Konzeption war ich regelmäßig im Austausch mit Handwerker:innen. Ich bin durch ganz Deutschland gefahren, anfänglich mit einer ersten Idee, dann mit ersten Zeichnungen, Holzmodellen bis hin zu meinem Designmodell. Immer wieder mit der Mission, die Bedürfnisse der Menschen zu erkennen und um zu prüfen, ob das aktuelle Konzept die beschriebenen Herausforderungen der Handwerker:innen löst. Nach Abschluss meiner Diplomarbeit wurde vor und während der technischen Entwicklung ebenfalls immer wieder auch international befragt.

WR: Wir haben in der Entwicklungsphase bei unterschiedlichen Projektständen unsere Kunden mit eingebunden. Wir fahren da tatsächlich in unterschiedliche Länder mit Prototypen und fragen unterschiedliche Funktionen ab.

Was sind die Vorteile gegenüber einer herkömmlichen Tischkreissäge?

DE: Die Systainersäge ist eine vollwertige Tischkreissäge mit allen Funktionalitäten, die im Alltag benötigt werden. Sie unterscheidet sich aber durch ihre geringe Baugröße deutlich von stationären Tischkreissägen, wie sie in Werkstätten zum Einsatz kommen.

Welche Rolle spielte das Gewicht bei der Entwicklung und welche Maßnahmen habt ihr getroffen, um die Maschine nicht nur kompakt, sondern auch leicht zu halten?

WR: Das Gewicht spielt natürlich eine wichtige Rolle. Man hat auch bei der Auswahl der Materialien für die einzelnen Bauteile diesen Punkt stets im Hinterkopf. Am Ende steht aber für uns immer zuerst die Funktion im Vordergrund sowie die erforderliche Materialauswahl für die Robustheit. Von daher haben wir unser Gewichtsziel von kleiner als 20 Kilogramm nicht ganz erreicht. Das hat jedoch eher Vorteile, da die Maschine dadurch mehr Standsicherheit beim Sägen von größeren Bauteilen aufweist.

Die letzte Frage geht an Dominic: Welche Note hast du für deine Diplomarbeit bekommen?

DE: Seitens der Universität bekam ich ein hervorragendes Feedback. Letztlich bewertete die Prüfungskommission meine Arbeit mit einer 1,0. Für mich war das überraschend und zugleich sehr zufriedenstellend, denn es war bis dato eine der herausforderndsten Aufgaben in meinem Leben. Letztlich aber noch viel wichtiger ist die Tatsache, dass mich meine Diplomarbeit direkt in mein heutiges Tun als Innovations- und Produktmanager bei Festool geführt hat.