Barbara Austel und Sascha Menges mit der Trophäe "Marken des Jahrhunderts".

Die Marke Festool

Kult, Innovation und treue Fans

Wie wird ein Produkt eigentlich Kult? Oder besser: Wie kann man eine treue Kundschaft halten und sie zugleich für Neues begeistern? Darüber haben für Festool die Aufsichtsratsvorsitzende Barbara Austel und der Vorstandsvorsitzende Sascha Menges in der Podcast-Serie „Marken des Jahrhunderts“ des renommierten deutschen ZEIT Verlags gesprochen. Das folgende Interview stellt eine gekürzte Fassung des Podcast-Beitrags dar. Die volle Version ist in deutscher Sprache unter anderem bei Spotify, iTunes und Co. verfügbar.
Barbara Austel und Sascha Menges mit der Trophäe "Marken des Jahrhunderts".
Barbara Austel
Aufsichtsratsvorsitzende

Sascha Menges
Vorstandsvorsitzender

Die Podcast-Reihe „Marken des Jahrhunderts“ wurde produziert durch das Studio ZX und ist auf Zeit Online

sowie allen gängigen Streaming-Plattformen verfügbar. Das Interview führte Mae Becker. 

Seit wann gibt es Festool als Marke? Und wie fing alles an?

Barbara Austel:  Mein Großvater hat 1925 zusammen mit einem Partner das Unternehmen gegründet, es hieß Fezer & Stoll. Der Zweck des Unternehmens war, stationäre Holzbearbeitungsmaschinen zu reparieren. Der Partner, mit dem mein Großvater angefangen hatte, ist allerdings nach ein paar Jahren bereits ausgeschieden und mein Großvater machte allein mit seinem Team weiter. Irgendwann kam die Idee auf, dass man die Maschinen nicht nur reparieren, sondern auch selbst und sogar noch besser bauen könnte. Mir persönlich ist es bis heute ein Rätsel, wie mein Großvater das schaffen konnte – während einer Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg. In den 1950er Jahren entstanden dann die ersten handgetragenen Elektrowerkzeuge. Das war ein richtiger Durchbruch, da man zum ersten Mal das Werkzeug zum Werkstück bringen konnte. So wandelte sich das Geschäft hin zum Elektrowerkzeug. Parallel entstand noch ein weiterer Geschäftszweig mit Pneumatik und Industrieanlagen. Diese Bereiche entwickelten sich mit den Jahrzehnten kontinuierlich auseinander, sodass wir im Jahr 2000 entschieden haben, die Unternehmen zu teilen. So bestand einerseits die Marke Festo mit Automatisierungstechnik und Pneumatik und aus der Festo Tooltechnic wurde der Name Festool. Mittlerweile sind wir mit Festool eine feste Größe im internationalen Werkzeugmarkt.
Eine historische Handkreissäge von Festo

Was macht eure Marke stark?

Sascha Menges: Eine starke Marke ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der Arbeit über Jahre und Jahrzehnte, von Fokus und Unternehmergeist, mit Lösungen, die die Marke stärken. Mich persönlich hat das von Anfang an begeistert, wie dieser Anspruch, dem Profi immer bessere und durchdachtere Geräte anzubieten, sich durch alles durchzieht, was wir bei Festool machen – für unsere Kernsegmente Schreiner, Zimmerleute und Maler. Wir haben auch viele Mitarbeiter, die aus genau diesen drei Gewerken kommen und ihr Know-how über frühere Ausbildungen ins Unternehmen gebracht haben. Und so haben wir die Situation, wo wir von Profis für Profis Produkte entwickeln. Unsere Mitarbeiter sind auch der Schlüssel zum Erfolg unseres Unternehmens.

Wie treu sind denn eure Kunden?

SM: Ich würde sagen extrem treu. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass, wer einmal ein Gerät von uns in der Hand gehabt hat, der kommt von Festool nicht mehr weg.

BA: Puh Sascha, das ist jetzt aber ein ziemlich dickes Brett (lacht).

SM: Das ist eine nette Metapher in unserem Kontext (lacht). Doch Spaß beiseite: Kundentreue ist für uns äußerst wichtig und kein Automatismus, sondern etwas, das immer wieder neu auf die Probe gestellt wird. Denn Treue kommt ja nicht von allein, Treue ist das Resultat von Zufriedenheit. Die Marke verspricht etwas, aber entscheidend ist am Ende das Kundenerlebnis – eine Interaktion mit der Marke, bei uns mit dem Werkzeug –, dass das Markenversprechen nicht nur eingehalten, sondern auch immer wieder übertroffen wird. Es ist diese Begeisterung, diese Überraschung, die dann zur Treue führt.

„Innovation ist nicht nur ‚erfinderisch sein‘, eine Innovation wird etwas erst dann, wenn es erfolgreich am Markt ist, weil es einen echten Kundennutzen erfüllt.“

Sascha Menges, Vorstandsvorsitzender Festool

Das klingt ja wirklich so, als hättet ihr unglaublich treue Fans.

BA: Das ist tatsächlich so, wir haben echte Fans. Wir kommen mit vielen von ihnen in Kontakt auf Messen und Roadshows, momentan eher auf Social Media. Teilweise erreichen uns sogar lieb geschriebene Briefe oder E-Mails. Diese Verbundenheit ist etwas Tolles, legt für uns die Messlatte aber gleichzeitig auch sehr hoch, weil wir unsere Kunden über unsere Qualität und die Produktlösungen immer noch mehr begeistern wollen.

Woher kommt diese Liebe zur Marke und wer sind die Leute, die euch so lieben?

BA: Woher diese Leidenschaft kommt, kann ich selbst nicht genau sagen. Unsere Hauptzielgruppe sind Handwerker, die mit den Maschinen arbeiten – im Innenausbau, als Schreiner, Maler –, und die verdienen ihr Geld mit unseren Werkzeugen. Aber auch unter ihnen gibt es echte Fans. Und dann gibt es noch Spezialisten wie Instrumentenbauer, Bühnenbildner oder Leute, die Schiffe aufwendig renovieren oder bauen. Und die Zielgruppe aus der Maker-Szene und dem DIY-Bereich, die mit unseren Produkten kleine Projekte verwirklichen oder große Träume. Und vermutlich würden wir hier auch die größten Fans finden. Was alle verbindet, glaube ich, ist, dass sie die Lebensdauer und die Robustheit unserer Werkzeuge schätzen. Aber auch den Perfektionismus, den wir in die Entwicklung neuer Werkzeuge legen. Wir sind hier mit sehr viel Liebe zum Detail dabei, und wer das schätzt, ist richtig bei uns. Wenn dann ein Lob kommt wie „Da habt ihr euch aber wieder richtig was dabei gedacht bei dem neuen Produkt!“, dann ist das natürlich eine große Auszeichnung für uns und macht uns sehr stolz.

SM: Die Profihandwerker sind ja Schöpfer. Sie erschaffen etwas mit ihren Händen, mit ihrem Geist und natürlich mit den Werkzeugen. Und hier kommt dann auch die Begeisterung mit ins Spiel.

Seid ihr für irgendetwas besonders bekannt?

BA: Da wäre zum einen die Tauchsäge, mit der man sehr sicher ins Holz eintauchen kann, und die Führungsschiene, mit der man sehr gerade Schnitte sehr präzise und einfach machen kann. Die Technologie der Führungsschiene haben wir in den 1960er Jahren erfunden, seitdem immer weiterentwickelt und sie ist heute aus der Branche nicht mehr wegzudenken. Das Gleiche gilt für die Staubabsaugung aus den 1980er Jahren. Hier kam ein Mitarbeiter auf die Idee, einen Haushaltsstaubsauger an ein Elektrowerkzeug anzuschließen. Daraus hat sich die Praxis entwickelt, dass man den Staub absaugen muss. Ein wesentlicher Gesundheitsaspekt. Das war anfangs schwierig den Kunden zu vermitteln, weil diese damals die Schleifleistung ihrer Geräte an dem Staub in der Luft gemessen haben. Mit der Absaugung war dieser Staub fast komplett weg und man musste erst einmal Überzeugungsarbeit leisten, dass das etwas Gutes ist.

Was muss man als Marke dafür tun, um dauerhaft erfolgreich zu sein?

SM: Das A und O dabei ist die Innovation. Innovation ist nicht nur „erfinderisch sein“, eine Innovation wird etwas erst dann, wenn es erfolgreich am Markt ist, weil es einen echten Kundennutzen erfüllt. Sicherheit, Leistung, Ergonomie und Robustheit – in diesen Bereichen möchten wir perfekt sein.

„Die Nachfrage nach hochqualitativer Handwerkerarbeit ist größer als die Verfügbarkeit der qualifizierten Fachkräfte.“

Barbara Austel, Aufsichtsratsvorsitzende Festool

Welche Trends gibt es aktuell im Handwerk?

BA: Aktuell ändert sich im Handwerk gerade sehr viel. Im Schreinerhandwerk ändern sich beispielsweise die Wertschöpfungsketten und der Ort, an dem die Wertschöpfung stattfindet. Es wird nicht mehr alles von null auf in der Werkstatt gebaut, sondern vieles wird über Lieferanten zugekauft, die wiederum hochautomatisiert sind. Das gilt beispielsweise für Küchenschränke oder fertige Schubkästen. Auch die Montage auf der Baustelle unterliegt Veränderungen; hier ist immer kritischer, dass es schnell und nach Plan läuft und ohne Nacharbeit. Sonst ist am Ende für den Handwerker gar nichts mehr drin. Ein weiterer Punkt ist der Fachkräftemangel: Die Nachfrage nach hochqualitativer Handwerkerarbeit ist größer als die Verfügbarkeit der qualifizierten Fachkräfte. Darüber verzweifelt so mancher Betriebsinhaber.

Ihr seid mit eurem Unternehmen Deutschland ja immer treu geblieben und produziert auch bei euch in Süddeutschland.

SM: In der Tat haben wir ein sehr klares Bekenntnis der Marke Festool zum Standort Deutschland. Da sind wir eine große Ausnahme in unserer Branche. Gerade vor kurzem haben wir einen weiteren Montagestandort in der Nähe unseres Hauptsitzes errichtet. Dieses Bekenntnis hat sich schon immer als richtig erwiesen. Wir schätzen die Schnelligkeit, die Verzahnung und die Qualität, die hier am Standort möglich sind. Auch im Moment, mit der globalen Verwerfung der Lieferketten, konnten wir den ein oder anderen Vorteil aus dieser Strategie ziehen. Wir fertigen rund 80 Prozent aller Festool Maschinen in Deutschland und das ist auch ein wesentlicher Aspekt unseres Erfolgs.

Was erwartet uns in den nächsten Jahren und was muss sich bei Festool vielleicht noch verändern? Wie können Veränderung und Tradition zusammen funktionieren?

BA: Ich glaube, es kommt darauf an, wie man Tradition auslegt. Ich glaube, wenn Tradition heißt „Das haben wir schon immer so gemacht“ und man nicht bereit ist, nach links und rechts zu schauen, dann funktioniert es nicht mit Fortschritt oder Veränderung. Wenn Tradition aber heißt „Wir haben eine starke Wurzel, aus der neue Dinge wachsen können“, dann ist das eine große Stärke. Das Thema Digitalisierung ist für uns als hardware- und produktverliebtes Unternehmen schon schwerer. Wir tun viel und haben tolle Ideen, aber es ist uns nicht in die Wiege gelegt. Andere Themen wie Nachhaltigkeit spielen seit jeher eine große Rolle. Wir achten schon immer darauf, dass die Produkte langlebig sind und repariert werden können. Ein wichtiger Teilaspekt von Nachhaltigkeit. Ein sehr spannendes Thema für uns, das uns leichter fällt, aufzugreifen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir nach knapp hundert Jahren noch immer in Familienhand sind, und das erfolgreich. Aber wir haben auch für die kommenden hundert Jahre noch jede Menge Ideen im Köcher, damit es spannend bleibt.

„Wenn Tradition heißt ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘ und man auch nicht bereit ist, nach links und rechts zu schauen, dann funktioniert es nicht mit Fortschritt oder Veränderung.“

Barbara Austel, Aufsichtsratsvorsitzende Festool