Schleifarbeiten in der Festool Werkstatt

Pioniere der Staubabsaugung

Vor mehr als 50 Jahren hat Festool den ersten Rutscher mit Staubabsaugung entwickelt. Karl Attinger war seinerzeit die treibende Kraft, Produktmanager Andreas Buck noch gar nicht auf der Welt. Wie es damals war und wie es heute ist, erzählen die beiden in der Werkstatt eines Kunden der ersten Stunde.

Herr Attinger, Sie haben in den 1960er-Jahren die Einführung der Staubabsaugung selbst erlebt und vorangetrieben. Wie war das damals?

K A : Ich war Anfang der 1960er-Jahre in der Anwendungstechnik tätig. In dieser Zeit kam ein neuer Zweikomponenten- Spachtel auf den Markt, den kein Rutscher anständig bearbeiten konnte, weil der Abrieb viel zu gering war. Daraufhin haben wir einen neuen Rutscher entwickelt: den Festo RTR-S. Aber schon bei den ersten Testkunden wurde klar, dass durch den starken Abrieb eben auch die Staubentwicklung enorm war. Dafür musste eine Lösung her.
Festool Produktmanager im Gespräch

Also haben Sie sich mit der Staubabsaugung befasst.

K A : Richtig. Es gab viele Versuche wie man den Staub eindämmen könnte. Da ging es vor allem um Staubfreisetzungen an und im Umfeld der Maschinen. Aber im Grunde genommen gab es nur eine Lösung: Der Staub musste genau dort abgesaugt werden, wo er entsteht – nämlich an der Schleiffläche. Dafür haben wir innerhalb kürzester Zeit ein funktionierendes System entwickelt. Die Reaktion der Kollegen war erst einmal verheerend: „Der Attinger will an die Schleifmaschine einen Schlauch und einen Sauger dranhängen! Und das Schlimmste: Er macht Löcher in das Schleifpapier!! Das kauft uns keiner ab.“ Der damalige Seniorchef Gottlieb Stoll machte den Diskussionen ein Ende und sagte: „Karl, wenn du so überzeugt bist von deinem Schleifer mit Absaugung, dann packst du alles in den Firmen-VW und fährst nächste Woche von Kunde zu Kunde. Für jeden bestellten Rutscher mit Sauger, bekommst du 15 DM.“ Da war ich natürlich auch hier, bei der Firma Herold. Innerhalb einer Woche hatte ich zwanzig Unterschriften. Neun Monate später kam der RTT-S, der weltweit erste Rutscher mit Staubabsaugung, auf den Markt. Das war 1966.
Austausch des Schleifpapiers eines Akkuschleifers

Herr Buck, das sind Entwicklungszeiten, von denen Sie als Produktmanager heute nur träumen können, oder?

A B: Das ist wahr. Aber auch die Produkte und die Strukturen im Unternehmen waren auch ganz anders. Wenn ich höre, dass Herr Attinger sozusagen in Personalunion als Entwickler, Anwendungstechniker und Vertriebler aktiv war, dann wäre das heute undenkbar. An der Einführung neuer Produkte oder Systeme sind inzwischen Spezialisten aus der Entwicklung und Anwendungstechnik, aus dem Produktmanagement und Design, bis hin zu Produktionsplanung und Marketing wesentlich beteiligt. Und das liegt nicht etwa daran, dass es weniger Fachleute nicht auch hinbekommen würden, sondern dass die Produkte und Systeme viel komplexer geworden sind.

Die Festool Akkuschleifer im Einsatz

Das schmälert aber nicht die Entwicklungsleistung von damals?

A B: Nein, ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Die Einführung des Rutschers mit Sauger war ein Meilenstein, und zwar nicht nur hinsichtlich des Produkts, sondern weil da der Systemgedanke erstmals eine entscheidende Rolle gespielt hat. Schließlich ging es darum, ein absolut erfolgreiches Elektrowerkzeug mit einem anderen Gerät zu koppeln – und zwar so, dass es als System für den Kunden optimal funktioniert.

K A :
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Schleifleistung des Rutschers durfte ja durch die Absaugung nicht beeinträchtigt werden. Dass man Löcher in das Schleifpapier macht, war anfänglich für die Kollegen nicht nachvollziehbar. Aber wir haben bewiesen, dass wir in der Lage sind, aus konkurrierenden Eigenschaften ein optimales Gesamtsystem zu schaffen. Und dieser Ansatz hat in den Folgejahren zu kontinuierlichen Weiterentwickelungen geführt. Im Übrigen wurde von dem Tag an, an dem der RTT-S auf den Markt kam, bei Festool keine neue Handmaschine mehr ohne Absaugvorrichtung entwickelt und hergestellt.

„Die Kombination aus Absaugmobil und Maschine muss handlich bleiben, damit man auch staubfrei problemlos arbeiten kann.“

Karl Attinger - ehemaliger Festool Mitarbeiter

Heute sind die Eigenschaften und Funktionen, die ein Saugsystem erfüllen muss, noch viel komplexer, oder?

A B: Ja klar. Das betrifft die Mechanik und die Elektronik. Wenn wir unsere Kunden fragen, was ein Sauger können muss, dann wird als erstes die Saugleistung genannt. Aber die Kombination aus Absaugmobil und Maschine muss handlich bleiben, damit man auch staubfrei problemlos arbeiten kann. Also braucht es einen entsprechenden Saugschlauch, der beides gewährleistet. Genau deshalb kommt unser neuer Saugschlauch unglaublich gut an bei den Kunden. Oder nehmen Sie die Muffe, die die Verbindung zwischen Saugschlauch und Maschine herstellt. Hier haben wir für den Bajonettverschluss viel Zeit und Aufwand investiert. Das sind Kleinigkeiten, die aber im System eine große Rolle spielen. Und selbst mit unseren Akkuschleifern kann man ganz leicht staubfrei arbeiten, und zwar über eine Bluetooth- Verbindung, mit der das Absaugmobil vom Gerät aus angesteuert wird.
Die Festool Akkuschleifer im Einsatz

Inzwischen gibt es verschiedene Staubklassen und jede Menge gesetzliche Arbeits- und Gesundheitsschutzauflagen. War das in den 1960er-Jahren auch schon ein Thema?

K A : Schon damals gab es Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW), die eingehalten werden mussten. Seitdem ist das Bewusstsein für Gesundheit am Arbeitsplatz extrem gestiegen. Und zwar nicht nur, weil es dazu gesetzliche Verordnungen und Richtlinien gibt. In meiner frühen Zeit waren da die Berufsgenossenschaften sehr aktiv. Der Zentralverband hat uns direkt miteinbezogen, weil wir eben wegweisende Lösungen für staubfreies Arbeiten entwickelt haben.

A B: Das Absaugsystem hat ja im Grunde drei Effekte: Es gewährleistet saubere Arbeit, schont die Maschinen und schützt die Gesundheit der Arbeiter. Erst jüngst hat eine Umfrage eines Marktforschungsinstituts ermittelt, dass unter diesen drei Effekten der Gesundheitsschutz bei den Handwerksbetrieben und deren Mitarbeitern an oberster Stelle steht. Staubfrei Arbeiten ist heute kein Luxus mehr, den man sich gönnt, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Die Festool Rutscher im Einsatz
Die Festool Akkuschleifer im Einsatz