Die Akkuschleifer von Festool im Versuchslabor

Leidenschaft, die Leiden schafft

Festool Mitarbeiter lieben ihre Produkte. In der Versuchsabteilung müssen sie mit der gleichen Leidenschaft die Maschinen bis zum Äußersten quälen. All das geschieht zum Wohl der Produkte und insbesondere der Kunden, erklärt Versuchsleiter Gerhard Grebing im Interview.
Gerhard Grebing
Festool Versuchsleiter
Gerhard Grebing leitet die Versuchsabteilung bei Festool. In der Versuchsabteilung werden die Elektrowerkzeuge auf Herz und Nieren getestet.

In der Automobilindustrie müssen Fahrzeuge viele Millionen virtuelle und reale Kilometer zurücklegen, bevor sie auf den Markt kommen. Ist das bei Festool Maschinen auch so?

Das ist durchaus vergleichbar. Bei uns legen die Maschinen keine Kilometer zurück, aber Zehntausende von Teststunden unter höchster Belastung. Dabei werden vor der Markteinführung ganz unterschiedliche Versuche durchgeführt: Ein Schleifer, der potenziell über drei Jahre im Zweischichtbetrieb eingesetzt wird, muss noch dieselbe Leistung haben wie am Anfang. Bei einer Kappsäge muss der Doppellinienlaser nach 5.000 Arbeitsstunden immer noch an derselben Stelle stehen. Nichts ärgert den professionellen Handwerker mehr, als dass ihn ein Werkzeug im Stich lässt. Und genau das wollen wir ausschließen.
Die Schleifmaschine von Festool wird in der Staubkammer getestet.

Welchen Beanspruchungen werden die Festool Geräte im Versuch ausgesetzt?

In der Staubkammer werden etwa Schleifmaschinen unter geradezu unmenschlichen Bedingungen betrieben und eingestaubt. Bei der Fallprüfung fällt ein Akkuschrauber aus mehr als zwei Metern Höhe so lange auf einen Metallboden, bis er kaputt geht – oder auch nicht. Wir sägen auch mal mit einer Kappsäge einen Betonblock, was kein Mensch ernsthaft tun würde.

All das geschieht zum Wohl der Kunden?

So ist es. Unsere Maschinen sind bekannt dafür, dass sie alles ein bisschen besser können und wesentlich länger halten als vergleichbare Geräte auf dem Markt. Das hat für uns oberste Priorität. Und genau das stellen wir in aufwändigen Test- und Versuchsreihen sicher. Neben der Robustheit und Langlebigkeit wird die Gesunderhaltung der Nutzer bei uns ganz groß geschrieben.

In diesen extremen Belastungstests müssen also die Maschinen mehr aushalten als später im Einsatz beim Kunden?

Die Qualitätsziele, die wir erreichen wollen, sind sehr hoch. Es gibt natürlich die Richtlinien und Normen der International Electrotechnical Commission (IEC). Die darin festgelegten Anforderungen bilden für uns eine wichtige Grundlage, über die wir in vielen Fällen sogar hinausgehen. Wichtig ist für uns, dass wir nicht nur Kennzahlen messen, sondern auch prüfen, wie sich eine Maschine anfühlt. Bei uns geht es immer auch um das Anfassen. In der Akustikkammer zum Beispiel geht es nicht allein um die Reduzierung der Lautstärke, sondern um einzelne Frequenzen, die vielleicht nicht laut, aber äußerst unangenehm sind. Diese Frequenzen filtern wir heraus und minimieren sie.

Die Akkuschleifer von Festool im Veruchslabor
Ein Akkuschleifer von Festool wird in der Akustikkammer getestet.

Sie sind schon seit längerer Zeit gesamtverantwortlich für das Qualitätsmanagement bei Festool. Seit zwei Jahren leiten Sie auch den Versuch. Wo liegt der Unterschied?

Im Qualitätsmanagement geht es in erster Linie um Risiko- und Fehlervermeidung – beginnend bei der Produktentwicklung, aber auch bei bestehenden Produkten, die wir ständig prüfen und kontrollieren. Im Versuch verstehen wir uns eher als Ermöglicher. Irgendjemand kommt mit einer Idee zu uns, und sei sie noch so ausgefallen. Wir realisieren sehr schnell in einem ersten Schritt die Idee in Form eines Musters. Damit finden wir heraus, ob die Idee begeistert. Nicht selten gehen Ideen für die Neu- oder Weiterentwicklung eines Produkts sogar direkt vom Kunden aus. Unsere Technikexperten in der Entwicklung wiederum wissen ganz genau Bescheid, was aktuell oder in naher Zukunft technologisch machbar ist. Auch aus diesem Umfeld kommen oft technische Innovationen.
Ein Festool Akkuschleifer wird in der AKustikkammer getestet.

Das heißt, im Versuch laufen viele Fäden zusammen und auseinander?

Wir sind hier ein Team von mehr als 50 Leuten, die unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen mitbringen. Die einen kommen aus der handwerklichen Praxis, andere aus dem Ingenieurbereich. Es macht unglaublich Spaß, gemeinsam Probleme zu lösen und Dinge auf den Weg zu bringen. Unser Ziel ist es, gerade in dieser Hinsicht noch schneller und besser zu werden.
Festool Versuchsleiter Gerhard Grebing

Das bedeutet für den Versuch: schneller, aber auf keinen Fall weniger sorgfältig?

Richtig. Das können wir uns nicht leisten. Wir können aber auch nicht dreijährige Erprobungszyklen fahren, bevor ein Produkt auf den Markt kommt. Unser Auftrag lautet: schnell und extrem sorgfältig arbeiten! Dafür haben wir spezielle Prüfverfahren entwickelt, die den Produktlebenszyklus auf wenige Tage verkürzen. Da gehen wir an die Grenzen und darüber hinaus. Und zwar nicht nur virtuell, sondern ganz real. Nur so können wir gewährleisten, dass unsere Werkzeuge später im täglichen Einsatz das leisten, was unsere Kunden und auch wir von ihnen erwarten.

Was reizt sie besonders an Ihren Aufgaben?

Ich finde, unsere Arbeit ähnelt ein bisschen der eines Extrembergsteigers. Er muss an jedes kleine Detail denken und jede Eventualität in Betracht ziehen, um das Große zu erreichen. Wenn er an einer winzigen Stelle nicht sorgfältig genug ist, kann das fatale Folgen haben. Natürlich geht es bei uns nicht um Leben und Tod. Aber wir stellen Maschinen her, die im Detail und im Großen funktionieren müssen. Jede Einzelne. Das ist unsere Verantwortung. Gegenüber dem Unternehmen und unseren Kunden.
Test der Festool Produkte im Qualitätsmanagement